Das Markensteuerrad ist ein Ansatz zur Identitätsbestimmung von Marken und gehört zu den meistverwendeten Modellen in Deutschland 1. Es wurde zunächst von Icon Added Value erfunden, später durch Esch weiterentwickelt 2 und stellt den Versuch dar, eine strategische Ausrichtung nachvollziehbar wiederzugeben und zu visualisieren. Der wesentliche Aspekt der Weiterentwicklung war die Verzahnung der Module untereinander sowie die Integration eines weiteren, fünften Bestandteils im Zentrum des Modells 3.
Das Markensteuerrad eignet sich in seiner Eigenschaft als Identitätsmodell für die systematische Markenanalyse und deren Durchsetzung im Sinne der Konsistenz, nicht aber zu der (im Namen implizierten) aktiven Steuerung einer Marke im Sinne von Kontinuität und zukunftsgerichteter Richtungsweisung. Es mangelt hierzu an Konzepten wie einem Antrieb wie im Purpose bzw. Why oder konkreten Werten an denen sich Mitarbeiter in ihren Entscheidungen orientieren können. Modelle die dem Anspruch von aktiver Markenpositionierung gerecht werden sind z.B. der Golden Circle, das Brand Holosphere Model oder der Brand Key.
Aufbau der Bestandteile im Markensteuerrad
Hard Facts
Das Markensteuerrad umschreibt die Identität der Marke auf der linken Seite durch Hard Facts 4 wie zentrale Markenattribute und den Markennutzen5. Die Frage “Über welche Eigenschaften verfüge ich?” wird durch die Markenattribute beantwortet. Diese stützen die Markennutzen, welche nach Esch den eigentlichen Kaufgrund darstellen 6. Sachlich-funktionale Nutzen leiten sich ab aus einer Überlegenheit des Produktes, während psychosoziale Nutzen durch das Auslösen von Emotionen entstehen und z.B. soziale Belange wie Anerkennung berücksichtigen 7.
Markenattribute
Über welche Eigenschaften verfüge ich?
Eigenschaften der Angebote
Eigenschaften des Unternehmens
Markennutzen
Was biete ich an?
Funktionaler Nutzen
Psychosozialer Nutzen
Soft Facts
Die Soft Facts, also Gefühle und nonverbale Eindrücke, werden durch die Komponenten Tonalität und Markenbild auf der rechten Seite des Modells abgebildet 89. Die Markentonalität bildet die Emotionen und Gefühlswelten ab, die durch die Marke erzeugt werden sollen. Esch nennt als Zugänge die Ermittlung der Markenpersönlichkeit, die Spezifikation von Markenbeziehungen und die Festlegung relevanter Erlebnisse. Insgesamt beantwortet die Markentonalität die Frage “Wie bin ich?” 10. Letztlich ist das Element der Markentonalität somit nahe an dem Konzept der Markenwerte, die in dem Modell jedoch keine explizite Berücksichtigung finden. Das Markenbild setzt sich aus zahlreichen Eindrücken zusammen, die zusammen Markenimage und Markenbekanntheit positiv beeinflussen sollen. Es ist die Antwort auf die Frage “Wie trete ich auf?”. Die Eindrücke können visuell, akustisch, olfaktorisch, haptisch oder auch geschmacklich sein und können auf die Art der Markenkommunikation zurückgeführt werden 119.
Zentrum
Im Zentrum des Modells steht die Markenkompetenz, welche dem Konzept der Essenz sehr nahe kommt und im Zusammenhang mit dem Markensteuerrad z.T. synonym verwendet wird. In ihr werden die zentralen Markencharakteristika erfasst: die Markenhistorie, die Herkunft der Marke, die Rolle der Marke im Markt sowie zentrale Markenassets 12. Ein bedeutender Unterschied zu anderen und neueren Modellen wie dem Brand Holosphere Model, ist dass im Markensteuerrad kein Bewegungsauftrag (Purpose) explizit festgehalten wird, da es sich um ein Tool zur Analyse und Definition der Markenidentität handelt und nicht für die Markenpositionierung ausgelegt ist.
Wirkungszusammenhänge
Wie bereits angedeutet, bestehen zwischen den einzelnen Bestandteilen nach Esch durchaus Beziehungen. So stützen die Markenattribute den funktionalen und emotionalen Nutzen der Marke. Die Markentonalität wird erlebbar gemacht durch das Markenbild, welches außerdem auch die Markenattribute sichtbar macht 4.
PDF Vorlage zum Ausarbeiten des Markensteuerrads
Kritische Würdigung
Anders als z.B. der Brand Key und das Brand Holoshphere Model ist das Markensteuerrad nach Esch als Markenidentitätsmodell zu betrachten und damit vor allem als ein Analyse-Tool. Das Modell konzentriert sich demnach auf die Darstellung der inneren Werte und die interne Sicht auf das Unternehmen, vernachlässigt jedoch die externen Faktoren wie z.B. den Wettbewerb und die Zielgruppe. Das Kriterium der Wechselseitigkeit ist folglich beim Markensteuerrad nicht gegeben. Zur Erarbeitung und Darstellung einer Positionierung eignet es sich daher lediglich in der Vorbereitung, da eine Positionierung immer nur im Kontext eines Umfeldes erfolgen kann. Die Anwendung sieht daher auch eine Erweiterung des Modells um davon abgekoppelte Markenwerte und Nutzen vor, die dann letztlich zu einem Positionierunngssatz führen sollen. Allerdings scheint der von Esch – The Brand Consultants etablierte Prozess 13 in Bezug auf die Verzahnung von Identitätsmodell, Markenwerten (gelöst von der Identität) und Positionierunngssatz in von einander getrennten und separaten Konzepten, dies nur bedingt zu beheben.
Zur Ableitung strategischer und operativer Handlungsoptionen eignet das Modell sich mangels der Abbildung externer Einflussfaktoren ebenfalls nur eingeschränkt. Außer dem Merkmal der Wechselseitigkeit erfüllt das Modell aber alle konstitutiven Merkmale einer Identität 14). Die Verzahnung ist gegeben, und auch die Praktikabilität hat Esch in verschiedenen Fallbeispielen demonstriert 15 16. Damit ist auch das Kriterium der Praktikabilität vollständig erfüllt 17.
In Bezug auf die Überschneidungsfreiheit weist das Modell jedoch leichte Defizite auf. So sind in der praktischen Anwendung Markentonalität und Markenbild nicht immer eindeutig voneinander zu trennen. Persönlichkeitsmerkmale, Beziehungsmerkmale und Erlebnisse werden z.T. auch erlebbar durch das Markenbild. Das Markenbild hat durch Farbtöne, Schriftarten, Logos und Bildwelten auch einen direkten Einfluss auf die wahrgenommene Tonalität. Radkte hat diesen Umstand nicht kritisiert und geht davon aus, dass “kaum Überschneidungen auftreten dürften” 18.
Weitere Markenmodelle
Neben dem Markensteuerrad gibt es noch zahlreiche andere Modelle, die in der Praxis Anwendung finden.
Brand Holosphere Model
Unilever Brand Key
Bates Brand Wheel
Identitätsmodell von Burmann
Literatur
Strategie und Technik der Markenführung
Herausgeber: Esch, Franz-Rudolf
Veröffentlicht: 2010
Markenmodelle der Praxis
Autoren: Zednik, Anita, Strebinger, Andreas
Veröffentlicht: 2005
Markenidentitätsmodelle
Autoren: Radtke, Bernd
Veröffentlicht: 2014
- vgl. Duncker/Röseler/Fichtl (2015). Marken-Positionierung: Auf der Suche nach verlässlichen Instrumenten. In Absatzwirtschaft, 12/2015, S. 78// (zurück zu Stelle im Text)
- vgl. Esch (2010). Strategie und Technik der Markenführung, S. 101; Radtke, Markenidentitätsmodelle 2014, S. 27// (zurück zu Stelle im Text)
- vgl. Radtke (2014) Markenidentitätsmodelle, S. 27// (zurück zu Stelle im Text)
- vgl. Esch (2010). Strategie und Technik der Markenführung, S. 101// (zurück zu Stelle im Text)// (zurück zu Stelle im Text)
- Esch – The Brand Consultants; “Whitepaper Identität & Positionierung: Die Entwicklung starker Marken” S.9// (zurück zu Stelle im Text)
- vgl. Esch, 2010, S. 104; Radtke, Markenidentitätsmodelle 2014, S. 27// (zurück zu Stelle im Text)
- vgl. Esch/Neudecker/Von Einem, 2010, S. 8// (zurück zu Stelle im Text)
- vgl. Esch (2010). Strategie und Technik der Markenführung,S. 101// (zurück zu Stelle im Text)
- Esch – The Brand Consultants// (zurück zu Stelle im Text)// (zurück zu Stelle im Text)
- vgl. Esch (2010). Strategie und Technik der Markenführung, S. 105// (zurück zu Stelle im Text)
- vgl. Esch (2010). Strategie und Technik der Markenführung, S. 106// (zurück zu Stelle im Text)
- vgl. Esch (2010). Strategie und Technik der Markenführung, S. 103-106// (zurück zu Stelle im Text)
- siehe dazu Esch the Brand Consultants – “Whitepaper Identität & Positionierung: Die Entwicklung starker Marken” S.9// (zurück zu Stelle im Text)
- Wechselseitigkeit, Kontinuität, Konsistenz und Individualität – (vgl. Bur- mann/Halaszovich/Hemmann, 2012, S. 36; Baumgarth, 2008, S. 27; Zednik, 2006, S. 17, 18; Bohmann, 2011, S. 35// (zurück zu Stelle im Text)
- siehe Esch (2010). Strategie und Technik der Markenführung, S. 118-120// (zurück zu Stelle im Text)
- siehe Radtke (2014), Markenidentitätsmodelle, S. 42// (zurück zu Stelle im Text)
- vgl. Radtke (2014), Markenidentitätsmodelle, S. 43// (zurück zu Stelle im Text)
- Radkte (2014), Markenidentitätsmodelle,S. 41// (zurück zu Stelle im Text)